Gruppenausstellung mit Sabian Baumann, Ursula Damm, Kyriaki Goni, Ingela Ihrman, Jochen Lempert (eingeladen von Christiane Meyer-Stoll), Julia Mensch, Una Szeemann, Zheng Bo u.a.
11. Juli bis 23. November 2025
Ort: Badischer Kunstverein
Plants_Intelligence
im Atrium des Kunstvereins schließt an
Ștefan Bertalans radikale Wertschätzung von Pflanzen und seine
wissenschaftlich-künstlerische Suche nach artenübergreifenden
Beziehungen an. Wie gehen Künstler:innen heute mit unserer Abhängigkeit
von, Verwandtschaft mit und Liebe zu Pflanzen um? Wo sind die
Schnittstellen? Wie begreifen und gestalten sie vegetabile
Handlungsmacht und Intelligenz?
Alle gezeigten zeitgenössischen künstlerischen Positionen verstehen
Pflanzen als handlungsmächtige Wesen, als Gefährten und Verwandte der
Menschen und machen dies anhand unterschiedlicher künstlerischer
Methoden deutlich. Über Jahrtausende (wenn nicht Jahrmillionen)
miteinander gewachsen, sind die Beziehungen zwischen Menschen und
Pflanzen alt und eng (sogar gewisse Gene und Botenstoffe sind sich
ähnlich). Aber in unserer vorherrschenden Kultur zählt das alles nichts:
Zumeist übersehen, sollen sie uns nur Nahrung, Kleider, Treibstoff oder
Dekor liefern – und ansonsten nicht weiter auffallen. Doch Pflanzen
sind intelligente Wesen: Sie haben Wünsche und Intentionen,
kommunizieren und agieren, sind flexibel und lösen Probleme. Eingebettet
in spezifische Orte scannen sie unaufhörlich ihre Umgebung. Sie können
zwar nicht davonlaufen, wenn Dinge für sie suboptimal werden, aber sie
passen ihre Form den sich ändernden Gegebenheiten an. Kurzum, Pflanzen
versuchen zu gedeihen und setzen dafür diverse gestalterische Mittel
ein. Sie sind Gestalter. Aber auch Schwellenwesen, Energiewandler,
Transformer: vollkommen erdverbunden, ragen sie gleichzeitig in den
Äther hinein und verwandeln volatile Stoffe in Nahrung.
Die in der Ausstellung versammelten Künstler:innen interessieren sich
für Pflanzen und ihre Strategien und setzen sie in einen übergreifenden
Kontext. Damit ist auch das Ziel dieses Projektes benannt: Mit der
Behauptung, dass Pflanzen aktive und intelligente Gestalter ihrer
Existenzweisen sind, wird für die Anerkennung anderer,
mehr-als-menschlicher Formen von Existenz plädiert. Es wird gezeigt,
dass Kunst eine wichtige Rolle in diesem Prozess spielt: Schon das
regelmäßige und genaue Beobachten und Übersetzen bestimmter Pflanzen und
ihrer Zusammenhänge via Zeichnung, Video, Malerei, Skulptur, etc. kann
unsere Sensibilität ökologisieren und die Wichtigkeit der beobachteten
Wesen anzeigen. Die ausgewählten Arbeiten kreisen um mögliche
Schnittstellen, gemeinsame Schwerpunkte und Methoden mit Ștefan
Bertalan, wie beispielsweise das körperliche Eintauchen gepaart mit
wissenschaftlichem Observieren (von Amaranth: Julia Mensch),
rechnerisches Experimentieren mit (Ausbreitungs)Mustern (von Flechten:
Ursula Damm), Verqueerungen kategorialer Hierarchien (Sabian Baumann),
psychologisch-spirituelles Transformieren materiell-atmosphärischer
Körper (Una Szeemann) sowie die Weise, wie pflanzliche Körper Raum
bilden (in direkte Anlehnung an eine Zeichnung von Ștefan Bertalan:
Jochen Lempert).
Darüber hinaus versucht
Plants_Intelligence
aber auch
zentrale, durch den Neoliberalismus enteignete Lebensaspekte wie
Aufmerksamkeit, Wachstum, Flexibilität, Intelligenz oder Lernen
zurückzuerobern und als grundlegende Merkmale relationalen Seins
erfahrbar zu machen. Diese vielschichtigen Fragestellungen werden nicht
nur in der Ausstellung, sondern auch mit weiteren Gästen in einem
Veranstaltungsprogramm vertieft.
Ștefan Bertalans offener transmedialer Umgang mit Pflanzen, oder besser
gesagt, mit der spezifischen Seinsweise von Pflanzen, kann aus heutiger
Perspektive als ein Beispiel für die Einmischung der Kunst in Diskurse
um die Intelligenz der „Natur“ – die Intelligenz von Pflanzen –
interpretiert werden. Sein beobachtender, (nach)zeichnender,
(unter)suchender, experimenteller, den Pflanzen sich ausliefernder, sie
sich anverwandelnder Umgang ist noch heute wegweisend und relevant: Er
wird weiterverfolgt, weiterentwickelt, anders gemacht. Neben
mathematisch-rechnerischen Annäherungen, die, wenn sie Pflanzen auch
nicht verstehen, dann doch zumindest zu verstehen suchen, gibt es
solche, die sich unverblümt mit ihnen verwandtschaftlichen, verbinden
und verbünden. So hat sich auch Bertalan diesen Wesen nicht nur durch
Observieren, Berechnen und Nach-Zeichnen angenähert, sondern er wollte
in eine Resonanz mit ihnen kommen, sich austauschen, in einem
spirituellen Sinn die Pflanzen verstehen: um schließlich in einem Akt
gesellschaftlicher Isolation und persönlicher Radikalisierung selbst zur
Pflanze zu werden und durch die Inklusion unserer Gefährt:innen
lebendig zu bleiben.
Kuratiert von Yvonne Volkart und Anja Casser
Ausstellung und Veranstaltungsprogramm sind eine Kooperation zwischen
dem Badischen Kunstverein Karlsruhe und dem von Yvonne Volkart
initiierten und geleiteten Forschungsprojekt
Plants_Intelligence. Learning Like a Plant
(2021–25),
das am Institut Kunst Gender Natur der Hochschule für Gestaltung und
Kunst Basel FHNW verortet und vom Schweizerischen Nationalfonds
finanziert ist.
Bild: Sabian Baumann, Raupen, 2024, Farbstift auf Papier, 139 x 94 cm
Waldstraße 3, 76133 Karlsruhe
Kontakt
E-Mail: info@badischer-kunstverein.de
Telefon: 0721-28226
Umgebungsinformationen
Nächste Haltestellen
(Entfernung in Luftlinie)
Webseite des Veranstalters (http://www.badischer-kunstverein.de)
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Telefon: 0721 28226
Waldstraße 3, 76133 Karlsruhe